Drei Alvesroder Bögen für Berlin
Nicht jede Bogensportlerin bzw. nicht jeder Bogensportler hat schon einmal an einem großen internationalen Turnier teilgenommen. Als Neujahrsspecial 2025 berichten wir heute von Deutschlands größtem internationalen Hallenturnier, den Berlin Open. Auf 4.500 qm wurden dort 42 Scheiben gestellt, an denen 480 nationale und internationale Bogenschützinnen und Bogenschützen in verschiedenen Durchgängen gegeneinander antraten. Mit dabei, drei Startende aus Alvesrode. Der Dank der Redaktion richtet sich an Ulrike, Merle und Robin, die sich die Zeit genommen und bereit erklärt haben, über ihre Erfahrungen anlässlich der Teilnahme an den Berlin Open zu berichten. Fangen wir im Sommer 2024 an, als ihr die Tickets gekauft habt:
Ulrike: Ja, nachdem letztes Jahr die Fahrt zu den Berlin Open sehr spontan und recht ungeplant war, hatten Robin und ich in diesem Jahr etwas mehr Zeit uns auf dieses große Event vorzubereiten. Und wir konnten sogar Merle, unsere Vize-Deutsche-Meisterin im Blankbogenschießen, von der Teilnahme überzeugen! Bereits im Sommer, zu Beginn des Kartenverkaufs konnten wir Early-Bird-Tickets ergattern und somit auch einiges an Geld sparen. Dieses konnten wir später an anderer Stelle ausgeben, denn Gelegenheiten und Verlockungen gab es zu genüge. Auch die Jugendherberge war schnell gebucht, sodass die Vorfreude dieses Jahr sehr groß war!
Merle: Vor den Berlin Open hatte ich einiges ausprobiert und meine Technik umgestellt. Allgemein bin ich eher mit einem Gefühl der Neugierde in das Wochenende gestartet. Die Halle kennenlernen, in der Robin letztes Jahr so erfolgreich war [Link zum Beitrag]. Und obwohl es sich um ein freies Turnier außerhalb des Meisterschaftsprogramms handelt, haben die Berlin Open doch die Ausmaße einer Deutschen Meisterschaft. Dann kommen da noch die ganzen Internationalen Bogenschützen dazu, welche dem beeindruckenden Event das Flair eines Weltcups geben.
++++ Freitag, 13.12.2024: ++++
Ulrike: Gut gelaunt ging es am Freitag nach einem leckeren Frühstück in die Trainingssession. Diese war als freie Trainingsmöglichkeit ausgewiesen und es gab keine feste Scheibenzuteilung. Da mussten die Teilnehmenden Flexibilität zeigen, aber nach einigen Passen hatte es sich dann auch soweit zurecht geruckelt, dass alle ein Plätzchen auf einer Scheibe ergattern konnten.
Merle: Ja, es war so viel los, dass Robin, Ulrike und ich leider nicht nebeneinander schießen konnten, aber wir haben immer wieder beieinander geschaut und dahintergestanden, sodass ich mit einem guten Gefühl aus der Trainingssession gekommen bin.
Robin: Stimmt, die Pfeile flogen sehr gut. Ich hatte ein gutes Gefühl für die Qualifikation am nächsten Tag. Super fand ich da schon, dass Ulrike und ich direkt neben Jozef Bosansky (Slowakei, Compound Men, Weltrangliste, Platz 9) oder Lisell und Robin Jaatma (Estland, ebenfalls Compound) stehen und trainieren durften. Da Merle erst in der zweiten Qualifikationsgruppe am Freitag starten musste, war uns klar, dass wir die Göttinger Schützinnen Flora Kliem und Svenja Herrmann unterstützen, welche in der ersten Gruppe starteten. Da ihr Trainer noch nicht angekommen war, fragte uns Flora, ob nicht einer von uns sie coachen könne. Ihrem Wunsch kam ich gerne nach, sodass ich Flora letztendlich die gesamte Qualifikationrunde coachen durfte. Diese Ehre hat mich sehr gefreut, denn wann darf man einmal einer Schützin des Bundeskaders, einer Paralympics- und Weltcup-Teilnehmerin zur Seite stehen. Während dessen unterstütze Ulrike Svenja Herrmann und deren Trainer.
Ulrike: Ja, Svenja hatte eine sehr gute Ringzahl geschossen und durfte am Ende der Qualifikationsrunden sogar im Finale mitschießen!
Robin: Dann war Merle dran, der Ulrike und ich wieder unterstützend zur Seite standen. Und Merle schlug sich super.
Merle: Ich hatte mir extra die zweite Gruppe ausgesucht, am Freitagabend, um genug Zeit zu haben, die Halle kennenzulernen und damit meine Nervosität präventiv zu schmälern. Dabei hatte ich allerdings nicht bedacht, dass ich schlussendlich bereits acht Stunden auf den Beinen und entsprechend müde wäre. Trotzdem konnte ich gut im Wettkampf mit den Recurveschützen bestehen und habe mit 508 Ringen etwas mehr als mein selbst gesetztes Soll von mindestens 500 Ringen erreicht.
Ulrike: Da bei den Berlin Open die Schützinnen und Schützen „lediglich“ in Damen/Herren
und Recurve/Compound sowie in einige Klassen für die körperlich beeinträchtigten Schützen unterteilt werden, musste auch Merle, als Blankbogenschützin, auf die für sie eher ungewohnten Dreierspots schießen. Dies hat sie jedoch wirklich gut gemacht und kann sich mit diesem Ergebnis wirklich sehen lassen!
Merle, lachend: Danke Ulrike! Anschließend fand die Glas-Tower-Challenge statt. Dieses „Minigame“ wollte ich eigentlich nicht mitschießen, da ich ja gerade erst 60 Wertungspfeile hinter mir hatte. Spontan habe ich mich dann aber dazu entschieden denn Bogen noch nicht abzubauen. Für den Fall, dass eine Gruppe noch unvollständig wäre. Tatsächlich wurden am Ende der Auslosung noch zwei Schützen gesucht. Einer wurde dann auch schon recht schnell gefunden, aber ein zweiter hatte sich nicht gemeldet. Nach einem kurzen Hadern mit mir selbst, bin ich dann doch noch mal angetreten, gemeinsam mit Matthias Kramer, den ich schon mal beim Training in Alvesrode kennenlernen durfte. Die erste Runde hatten wir gut überstanden. In der zweiten trafen, sowohl Matthias als auch ich, den auf der Auflage abgedruckten Alexanderturm und schieden somit als Gruppe aus. Auch wenn ich eigentlich nicht teilnehmen wollte, hat es mir doch sehr viel Spaß gemacht. Und bei dir …
Ulrike: … ich musste mich zunächst durch das Gedränge an der Losurne kämpfen und zog dann meine Scheibennummer aus dem Lostopf. An der Scheibe traf sich dann unser Dreierteam. In meinem Team waren außer mir noch ein junger Schütze, der einen recht unsicheren Eindruck machte und eine Schützin, die bereits im letzten Jahr an der Glas-Tower-Challenge teilnahm und bei uns im Team die Führung übernahm. In den beiden Einschießpassen haben wir verschiedene Kombinationen ausprobiert und geschaut, wer am Besten auf welche Auflage schießen sollte. Ich persönlich hatte ein gutes Gefühl und war hochmotiviert in der Challenge möglichst weit zu kommen! Tja, und dann setzte leider unsere „Teamchefin“ in der ersten Wertungsrunde ihren Pfeil direkt in den Alexanderturm, was das Aus für unser Team bedeutete.
Robin: Das kenn’ ich! Wir konnten ja letztes Jahr diesen Wettkampf, aufgrund von Übermüdung am Anreisetag, nicht mitmachen und so freute ich mich auf diesen Wettkampf. Ich bekam ein cooles Team und die Probepassen waren auch gut. Jedoch, als es dann los ging, setzte ausgerechnet ich den Pfeil in den Alex und unser Team war damit direkt in der ersten Runde raus. Sehr schade. Aber gut, Spaß hat es in jedem Fall gemacht.
Ulrike: Im nächsten Jahr kommen wir hoffentlich weiter.
++++ Samstag, 14.12.2024 ++++
Ulrike: Samstagmorgen war es dann endlich so weit: Meine Qualifikationsrunde fing an. Ich war im Vorfeld sehr unsicher, wie ich vorgehen sollte? Im letzten Jahr durfte ich im Finale mitschießen, flog jedoch gleich im Sechzehntelfinale gegen eine sehr starke Gegnerin wieder raus. Das hatte
mich sehr frustriert. Gleichzeitig war meine Neugierde auf den Second-Chance-Wettkampf groß. Aber extra schlecht zu schießen, nur um in die Second Chance zu kommen erschien mir als sehr unsportlich. Daher entschied ich mich, einfach so gut zu schießen, wie ich eben konnte. Mein neu zusammengestellter Bogen gab meinem Selbstbewusstsein einen großen Schub und ich konnte im ersten Durchgang eine topp Ringzahl von 273 Ringen erreichen! Hiervon euphorisiert setzte ich mich selbst jedoch so sehr unter Druck, dass dies zu schlechteren Schüssen, Unsauberkeiten in der Technik und allgemeiner Frustration führte. Mit einem Ergebnis von 253 Ringen im zweiten Durchgang erzielte ich letztendlich ein Gesamtergebnis von 526 Ringen und landete somit zunächst auf Platz 32, wäre also noch im Sechzehntelfinale. Ich wusste aber, dass noch einige starke Schützinnen in der letzten Qualifikationsrunde kämen und dass ich damit in der Second Chance am nächsten Morgen mitschießen können würde.
Robin: Merle und ich wechselten uns beim Coachen von Ulrike ab. Ulrike schoss einen super Wettkampf. Dann war ich dran. Das gute Gefühl vom Vortag war schon etwas verblasst, sodass ich gerade zu Anfang viel mit mir selbst ausmachen musste. Dementsprechend verlief auch die erste Hälfte. Erst in der zweiten konnte ich mich fangen und viele gute Pfeile schießen. Ich bin sehr froh über die 551 Ring, da mir das zeigt, dass ich auch bei Problemen, unter Druck und auf einem großen Wettkampf meine Ziele erreichen kann. Eine wertvolle Erfahrung, die mich zuversichtlich auf die kommende Landesmeisterschaft blicken lässt. Jedoch reichte das Ergebnis nicht zur Teilnahme an den Finalrunden. Es hieß also erneut: Second Chance!
++++ Sonntag, 15.12.2024 ++++
Merle: Sonntag wurde es mit der Second Chance noch mal richtig spannend. In der 2. Gruppe startend, also der besseren Hälfte aus der Qualifikationsphase, stellte ich hohe Erwartungen an mich selbst. Ich wollte mein Können unter Beweis stellen. Diese mentale Einstellung hinderte mich aber letztendlich daran, meine Nerven in den Griff zu bekommen. Ich stand ziemlich unter Strom. In dieser Kombination war die Second Chance für mich eher ein Reinfall. Eine schmerzhafte Erfahrung.
Robin: Bei mir waren bei der Second Chance die Probleme vom Vortag leider immer noch präsent. Ich hatte erneut mit mir zu kämpfen und gerade der Vorjahreserfolg wog sehr schwer und wurde zunehmend zur Belastung. Zu meiner Freude hatte ich, neben Michel Scholer aus Göttingen, auch meinen Teamkollegen aus der Glass-Tower-Challenge auf der Scheibe. Auch Flora gesellte sich zu uns und coachte mich über den Wettkampf hinweg. Die Probepfeile flogen dann auch einigermaßen. Aber als es los ging, übernahm der Kopf und ich setzte gleich den ersten Pfeil daneben. Somit war die Hoffnung auf einen Gewinn bereits zu Anfang dahin. Dies nahm mir aber den Druck und die netten Gespräche hielten die Enttäuschung sehr in Grenzen. Ich habe dann einfach geschossen und den Wettkampf genossen. Allgemein nehme ich jetzt viel aus diesem Wettkampf mit. Eine sehr wertvolle Erfahrung, die mir einiges aufgezeigt hat an dem ich arbeiten kann.
Ulrike: Eine kurze Erklärung der Danage-Auflage, zwei Einschießpassen, eine Visierkorrektur und los ging’s mit der Second Chance. Meine Pfeile lagen alle etwas tief und liefen Gefahr, in der verbotenen Mitte zu landen. Dieses Problem ließ sich jedoch recht schnell beheben und ich war mit meinem Ergebnis von 135 von 150 möglichen Ringen recht zufrieden. Ich rechnete mir jedoch keine großen Chancen auf einen der vorderen Plätze aus. Wie sich dann allerdings herausstellte, hatte es tatsächlich für den dritten Platz gereicht, mit nur einem Ring unterschied zu Platz 1 und 2. Wahnsinn! Belohnt wurde der dritte Platz mit einem tollen Sachpreis, großartig! Im Anschluss an die Second Chance fanden die weiteren Finalschießen statt, bei denen Robin Flora als Coach unterstützen und beraten durfte. Dies hat er dann inkognito mit einer geliehenen blauen Jacke des ASC Göttingen über seinem grünen Trikot vom VfV Concordia getan.
Robin, lachend: Allem Anschein nach hat ihr mein Coaching am Freitag so gut geholfen, dass sie mich fragte, ob ich sie denn nicht auch durch die Finalrunden begleiten könne. Selbstverständlich stimmte ich zu und dann ging es ganz schnell. Ich hatte nicht einmal Zeit meinen Bogen abzubauen, da drückte man mir bereits eine Vereinsjacke des ASC in die Hand und los ging es. Ich war sehr aufgeregt, da ich selbst diese Finalwettkämpfe noch nie erleben durfte. Satzpunkte, Eins-gegen-Eins-System, Klappkarten, anderer Schießzettel. Alles sehr aufregend, denn ich durfte die Trefferaufnahme an der Scheibe machen und Flora ihre Pfeile zurückbringen. Sie machte es auch gleich spannend, denn bereits im Viertelfinale musste Flora ins Stechen, was sie glücklicherweise gewann. Das Halbfinale gegen den späteren Gewinner ging dann leider verloren. Jedoch bedeutete dies, es geht um Bronze in der Großen Final Arena. Dann wurde es ernst. Wir wurden eingewiesen wie wir zu laufen hätten, wo unser Bereich wäre und wie die Trefferaufnahme zu erfolgen habe. Wirklich sehr professionell. Dann ging es raus in die Arena, wo gefühlt hunderte Zuschauer auf den Rängen saßen und alles im Livestream zu sehen war. Leider ging auch das Match verloren, sodass sich Flora am Ende mit Platz 4 begnügen musste. Es war wirklich eine tolle Erfahrung, das einmal mitgemacht zu haben, ist mein persönliches Highlight!
Und wie ist euer persönliches Fazit zu der Teilnahme an den Berlin Open?
Ulrike: Ein absolut tolles und auf jeden Fall wiederholenswertes Wochenende in Berlin!
Merle: Ulrikes Erfolg, und dann das Mitfiebern im Finalschießen von Flora Kliem mit Robin als Trainer waren meine Highlights. Für mich war das ein erfolgreiches Wochenende, aus dem ich für mich viele Erfahrungen mitnehme, was mich in kommenden Wettkämpfen weiter bringen kann.
Robin: Es war wieder ein super Wochenende, es hat viel Spaß gemacht und sicher bin ich nächstes Jahr wieder dabei.
An dieser Stelle noch einmal einen herzlichen Glückwunsch an Ulrike für den tollen dritten Platz in der Second-Chance-Challenge. Euch dreien und den geneigten Leserinnen und Lesern wünschen wir einen schönen Start in das neue Jahr 2025.